Kurz gesagt: Wir waren heute begeistert. Höchst engagiert, aufmerksam agierende junge Menschen im Service. Fehlerfreie, kreative top Küche. Torten (fast) wie im Landtmann. Faire Preise. Ein tolles Platzerl am Wasser.
Es war nur eine Frage der Zeit bis die ruderaffine Familie Querfeld an der alten Donau ein Kaffeehaus oder ein Restaurant oder beides eröffnet. 2019 war es dann so weit. Ich war im Sommer 2019 das erste Mal dort. Damals war noch alles ganz neu, nichts eingespielt aber bemüht, engagiert und ein schönes Platzerl am Wasser.
Im März 2023 – vier Jahre später – habe ich das BOOTSHAUS wieder besucht. Ich vergleiche Lokale oft mit Hunden. Wenn sie top geführt sind, brauchen sie drei bis vier Jahre, bis sie „erwachsen“ sind. Dann zeigt sich, ob sie weiterbestehen werden oder wieder zusperren.
Es war ein kalter, leicht windiger und sonniger Tag. Ideal für schöne Fotos. Optimal für den Hormoncocktail im Körper, der weiß, dass die beste Kunstlichtlampe maximal ein Hundertstel der Wirkung des Sonnenlichts auf unser Wohlfühlen hat.

Gestern abends habe ich reserviert. Schon das hat wunderbar geklappt. Ich sagte zu Toni, dass wir gegen 16:00 auf einen Café kommen werden. Dann habe ich einen Fehler gemacht, der im Nachhinein betrachtet kein solcher war: Ich habe mir routinemäßig die Homepage DAS BOOTSHAUS angesehen. Und dort habe ich die beiden Speisekarten entdeckt. Und dann war klar, dass aus dem Café ein Mittagessen wird. Was soll ich sagen? Volles Haus gegen 14:00. Trotzdem haben wir vor den Kleingartenhäusern 100 Meter entfernt einen freien Parkplatz bekommen. (Achtung: Viele Garagenausfahrten. Bitte freihalten.) Zum in der Sonne sitzen war es dann doch etwas kühl und ich sah schon im Gesicht meiner lieben Yuliya die Enttäuschung. „Du willst wirklich bei dem herrlichen Wetter drinnen sitzen, Schatz?“ Ja, weil ich mich dunkel erinnere, dass es dort auch sehr gemütlich ist und viel Liebe zum Detail uns in eine Mischung aus Clubhaus eines altehrwürdigen Rudervereins und modernem britischem Pub auf hohem Niveau versetzt.

Mike, ein junger Kellner in Jeans begrüßt uns freundlich, fast herzlich und fragt uns, ob wir den gerade frei gewordenen Tisch in der Ecke im Südwesten haben wollen. Der sieht einladend aus und den nehmen wir gerne. Er ist für vier Personen, aber wir sind beide sehr groß. Klar sage ich Mike, dass wir eigentlich für 16:00 und nur für einen Café reserviert hatten. Er findet die Reservierung auch gleich. „Bitte, Familie Preyer, nehmen Sie Platz. Ich bin gleich bei Ihnen!“ Charmant, gekonnt. Das machst Du toll, junger Mann!

Wir bestellen als Starter ÄHRENFISCHE (knusprig frittierte Mini-Fischerl ∙ frisch gehackte Petersilie Zitronenspalte ∙ Limettenmayo Dip), wie wir sie an der Algarve gerne als Snack genießen. Die verbrennen leicht, wenn man sie zu lange in der Fritteuse lässt und sie schmecken fad, wenn man sie dort nur kurz eintaucht. Hier macht das die Küchenbrigade goldrichtig – im wahrsten Sinne des Wortes. Und die kleinen Fischerln werden auch liebevoll im Keramikgeschirr serviert. Mike sieht gleich, dass wir beide zugreifen werden und stellt sie aufmerksam in die Mitte zwischen uns.

Dann freuen wir uns auf die SAFRAN-FISCHSUPPE (kräftige Safransuppe ∙ Kabeljau ∙ Riesengarnele Calamari ∙ Oktopus ∙ Muscheln ∙ Gemüsestreifen Baguette ∙ serviert im Emailletopf). Wir haben schon beim Bestellen angekündigt, dass wir die Suppe teilen wollen. Und auch das gelingt perfekt. Wir bekommen einen Topf Fischsuppe und zwei kleinere Suppenschalen zum Teilen. Herrlich dazu passend das DUNKLE ROGGEN-BAGUETTE – vermutlich vom Öfferl.
Bei Fischsuppe bin ich besonders heikel. Meine Mutter machte die beste Bouillabaisse nach einem Rezept eines französischen Fischers und mit bis zu 12 unterschiedlichen Mittelmeerfischen. Nun das ist zwar keine Bouillabaise aber halt eben auch eine Fischsuppe. Und was für eine! Ich zähle wenigstens fünf Fischsorten plus Miesmuscheln und Shrimps. Der Safran ist perfekt abgeschmeckt und rundet den Fischeintopf harmonisch ab. Da versteht jemand wirklich etwas vom Würzen. Nimmt man nämlich zu viel, dann ist außer viel gelb und betörendem Aroma nichts mehr vom Fisch zu schmecken. Hier passt die Menge und auch der richtige Zeitpunkt für die Beigabe.

PAELLA mit Kabeljau ∙ Black Tiger Garnelen ∙ Calamari ∙ Oktopus Muscheln ∙ Huhn ∙ Chorizo ∙ Gemüse ∙ Safranreis, geht das in einem Restaurant, das einer Wiener Familie gehört, die vor allem von Torten, Mehlspeisen und Café viel versteht. Ja, das geht. Sogar sehr gut. Der Reis ist auf den Punkt gekocht, Fisch, Fleisch und Meerestiere sind frisch, saftig und weich. Oft erleben wir sie trocken und den Reis dafür überkocht und mit Wasser verdünnt. Hier passen Zutaten, Zubereitung und Arrangement. Die Paella wird stilgerecht in einer kleinen Gußeisenplatte serviert. Ob sie auch in der gekocht wird, bezweifeln wir, weil viele Portionen davon gleichzeitig serviert werden. Und das würde bei dem modernen Induktions-Großflächen-Herd, den ich beim Vorbeigehen in der Küche gesehen habe, nicht wirklich funktionieren. Egal: Ausgezeichnet zubereitet, ansprechend serviert. Eine Harmonie für Auge und Gaumen.

Am meisten beeindruckt uns das Service. Aufmerksame junge Menschen. Höflich, kompetent, gewinnend. Wir wollte es genauer wissen. Die meisten Gastronomen – vor allem in Wien – jammern uns vor, dass es so schwierig sei, gutes Personal zu bekommen. Ich denke mir oft: „Wundert’s Dich bei Deinem Führungsstil?“ Das denke ich mir allerdings nur. Wir bitten also Mike, ob der Restaurantleiter kurz für ein Gespräch Zeit für uns hat.
Als wir mit dem Essen fertig sind – gerade also zum rechten Zeitpunkt kommt einen junge Dame zu uns an den Tisch. Sie stellt sich vor: „Ich bin Emilia Stojkovic. Ich bin zwar noch jung, aber ich darf hier das Restaurant leiten. Was kann ich für Sie tun?“ Ich wundere mich, wie so eine junge Frau so viele engagierte Menschen im Service führen kann, die meist älter sind als sie. Sie kann. Das beweist sie uns schnell mit charmanten, kompetenten Antworten, viel Witz und Charme. Wir spüren, dass da jemand ihren Beruf mit Liebe und Begeisterung ausfüllt und das spüren nicht nur wir. Auch die Kollegen und die Gäste scheinen sie zu mögen. „Wir sind hier nicht ein Betrieb in einer Kette, sondern alle Teil einer Familie. Am 24.12. und zu Silvester sperren wir um 16:00 zu. Das ist ein Geschenk der Familie Querfeld an uns Mitarbeiter, weil auch wir Familie haben und feiern wollen“, verrät sie uns mit einem treuen, warmherzigen aufrichtigen Blick. Stolz auf ihren Arbeitgeber, glücklich in ihrem Beruf. „Seit einem Jahr ist der Ferdi hier unser Chef, der Ferdinand Querfeld, der berühmte Ruderer und der ist einfach ein super Chef. Und manchmal kommt sogar die Frau Querfeld, die Chefin zu uns, um uns zu loben“, sprudelt sie herzlich weiter.
Herr Rudolf im Landtmann, geben Sie acht. Ich könnte Ihnen mit dem Bootshaus öfter untreu werden…
Und wieder einmal zeigt sich: Es ist mit den Top-Betrieben, wie mit dem Fisch. Beide beginnen am Kopf gut zu duften!